Die Mad Moms und die komische Frau ohne Kind feiern Abschied
Am Freitag, den 23.06.2023, war es soweit; Das erste Mal wieder auf der Bühne nach 5 Jahren. Die Aufregung war dementsprechend groß. Da setzte auch gleich wieder meine Schnappatmung ein.
10 Jahre lang gab es nun die Lesebühne Mad Moms und die komische Frau ohne Kind, bestehend aus Liefka Würdemann, Johanna Wack und mir. Und nun sollte die Ära ein Ende nehmen, weil ich keine Lesebühnen tauglichen Texte mehr schreibe. Ich glaube kaum, dass das Publikum Interesse daran hat, dass ich ihnen einen 420 Seiten langen Roman vorlese. Is` nur so ein Bauchgefühl.
Die Lesung fand im Bürgerhaus Lokstedt in Hamburg statt, unser Lesebühnen-Zuhause seit 9 Jahren.
Es waren die wundervollsten Lesungen, die wir uns vorstellen konnten. In erster Linie Dank Christin Döring, die uns herzlich umsorgt hat und an dem Abend ebenfalls Abschied vom Lokstedter Bürgerhaus feierte. Es war ein herzzerreißender Abend voller Abschiede. Und natürlich wegen des grandiosen Stamm-Publikums, das sich mit uns totgelacht hat. Humor können wir. Dank diesem weinten wir auch nicht den ganzen Abend.
Die Abfolge des unvergesslichen Tages
9:00 Uhr
Ich liege seit einer Stunde wach im Bett und fühle mich wie gelähmt. Warum muss ich heute Abend auf die Bühne? Was hab ich mir nur dabei gedacht? Ob meine alten Texte das Publikum noch zum Lachen bringen werden? Ich habe gestern bei der Textauswahl sehr gelacht! Kann ich für meine eigenen Texte überhaupt ein Maßstab sein? Mir ist irgendwie schlecht! Ich kann gar nicht glauben, dass ich in meinem Leben schon über 500 Auftritte hatte. Wie hab ich das denn überlebt? Wenn ich jedes Mal vorher eine Stunde lang regungslos im Bett gelegen habe, dann lag ich schon über 500 Stunden sinnlos im Bett rum! Nicht das Schlechteste, womit man seine Zeit verbringen kann, aber trotzdem irgendwie ungesund.
9:01 Uhr
GNAAAAHHHHHH
9:36 Uhr
Um mich zum Aufstehen zu motivieren, male ich mir aus, dass ich heute Abend viel schlimmere Sachen erleben könnte. Eine Abfolge deprimierender Bilder läuft durch meinen Kopf. Irgendwie motiviert mich das so gar nicht!
10:02 Uhr
Denke an den Satz, Angst bedeutet nur, dass du deine Komfortzone verlassen hast. Frage mich, welcher Idiot sich das ausgedacht hat. Wenn ich morgens das Bett verlasse, stehe ich schon in meiner Stresszone!
10:03 Uhr
Ich versuche dankbar zu sein und stehe auf.
12:26 Uhr
Habe 3 Exemplare meines Buches „Kommunikation ist nur die erste Hürde auf dem Weg zum Sex“ eingepackt, in der Hoffnung, dass eines gekauft wird.
12:34 Uhr
Habe eine Meditation zum Thema „Selbstwertgefühl“ gemacht und gleich noch 20 Exemplare meines Buches eingepackt.
14:30 Uhr
Ich habe geduscht, gefrühstückt (so gut es ging), 10 Exemplare meines Buches wieder ausgepackt, (die Tasche war zu schwer oder mein Selbstwertgefühl zu schwach, um die Tasche zu tragen) Ist die Tasche zu schwer, ist dein Selbstwertgefühl zu schwach!, und bin nun auf dem Weg nach Hamburg.
15:48 Uhr
Selbst als ehemalige Hamburgerin hasse ich den Hamburger Straßenverkehr! Dank meines Wunsches ans Universum, habe ich einen Parkplatz vor Johannas Haustür gefunden. Oder einfach, weil da echt viele Parkplätze sind. Wir werden es nie erfahren!
16:20 Uhr
Der Idee ist, bis 17:30 Uhr die Lesung zu planen. Wer liest welchen Text zu welcher Zeit. Ich möchte noch einmal betonen, dass sich hier drei Menschen seit fünf Jahren nicht gesehen haben!
17:30 Uhr
Jeder weiß jetzt von jedem ungefähr, was in den letzten 5 Jahren abgegangen ist. Nämlich so viel, dass wir teilweise in Tweets gesprochen haben. Den Kontext mussten wir uns zusammenreimen. Das Essen war super und meine Aufregung habe ich auch glatt vergessen.
18:00 Uhr
Wir kommen definitiv zu spät! Schnell Texte ausgesucht und `ne Reihenfolge hingekritzelt. Wir sind alle so dermaßen aufgeregt und fühlen uns irgendwie unvorbereitet.
18:03 Uhr
Johanna muss zurück in die Wohnung, da wir das Abschiedsgeschenk für Christin vergessen haben.
18:35 Uhr
Wir treffen mit einem Auto und zwei Fahrrädern im Bürgerhaus ein. Die Lesung geht in 25 Minuten los. Das Publikum ist schon fast vollständig. Mit traurigen Gesichtern werden wir gefragt, warum wir nicht mehr zusammen auftreten wollen. Ich versuche zu erklären, dass das keine Frage des Wollens ist. Als Lösung wird uns angeboten, jedes Jahr einfach dieselben Texte zu lesen, Hauptsache die Lesung findet statt. Finde ich voll süß, die Idee! Dann denke ich an „Täglich grüßt das Murmeltier“ und stelle fest, dass ich keine Murmeltiere mag. Das Ende dieser Lesebühne ist in Stein gemeißelt!
19:00 Uhr
Versuche mich daran zu erinnern, warum ich den Eröffnungstext lesen wollte? War sicher die Hektik. Kann mich an die Entscheidung gar nicht erinnern.
Es geht los.
Niemand lacht!
Habe das Gefühl, die falsche Textauswahl getroffen zu haben!
Alle lachen!
Bin ganz stolz auf mich!
20:20 Uhr
In der Pause bekommen wir wundervolle Komplimente. Alles sind ganz traurig, dass wir uns auflösen. Der Entschluss des endgültigen Abschieds wackelt.
22:03 Uhr
Die Lesung ist offizielle zu Ende. Wir gucken in glückliche Gesichter. Ich kann eine leere Tasche mit nach Hause nehmen und beschließe, die Meditation „Selbstwertgefühl“ jetzt jeden Morgen zu hören. Liefka, Johanna und ich beschließen, eines Tages wieder zusammen aufzutreten. Wir machen das wie die großen Rockstars, jedes Jahr eine Abschieds-Tournee. Fangen damit aber nicht gleich nächstes Jahr an.
22:46 Uhr
Es ist dunkel, die Straßen sind leer und ich bin von Glück erfüllt. Jetzt weiß ich wieder, wie ich knapp 500 Auftritte überstanden haben. Die Dankeschön-Endorphine sind jede Stunde der Angststarre im Bett wert. Was ich jedoch nicht verstehe ist, warum sich meine Komfortzone nach 14 Jahren Bühne einfach nicht erweitert.
1:12 Uhr
Liege beflügelt im Bett und bin dankbar für dieses unglaubliche Erlebnis!
Danke für 10 Jahre wunderbar sein
Liebe Liefka, liebe Johanna, es war ein Fest mit euch die Bühne zu teilen. Danke für 10 wunderbare Jahre, lustige Texte und skurrile Situationen. Ihr wisst ja, das Ende des Abschieds ist der Anfang der Abschieds-Tournee. Mich werdet ihr nicht los!
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